Vol 5 (2023), No 1: 34—69

DOI: 10.21248/jfml.2023.47

Gutachten und Kommentare unter: https://dp.jfml.org/2021/opr-ylonen-soziale-medien-als-funfte-gewalt-strategische-organisation-deutscher-und-finnischer-gegenredekampagnen-auf-facebook/

Soziale Medien als fünfte Gewalt: Strategische Organisation deutscher und finnischer Gegenredekampagnen auf Facebook

Sabine Ylönen

Abstract

Social media, as the fifth estate, increasingly influence public dis­courses and play a major role in shaping public opinion. Undoubt­edly, they have the potential to promote participation and democra­cy. On the other side, they also constitute a risk for democratic soci­eties, as the spread of hate speech and fake news has shown. As a response, forms of counterspeech organised by civil society have emerged in social media to counter the normalisation of hate speech and democracy-threatening discourses. In order to influence dis­course in social media in terms of the fifth estate, counterspeech campaigns must be visible also quantitatively. In this ethnographic contrastive study, I analysed the activities of the German and Finn­ish Facebook groups of the network #iamhere international. The in­tensity and continuity of their activities is obviously influenced by their strategic organisation: conventionalised rules support them whereas lacking or inconsequent rules seemed to be counterpro­ductive.

Keywords: social media, fifth estate, hate speech, democracy-threatening discourses, counterspeech

1 Soziale Medien als fünfte Gewalt[1]

Soziale Medien sind heute zentrale Arenen privater und öffentlicher Mei­nungsbildung (vgl. Saresma 2017: 219). Sie erlauben den Nut­zer*innen, sich über digitale Plattformen in hoher Geschwindigkeit mit großer Reichweite zu vernetzen und somit eine neue digitale Öf­fentlichkeit zu gestalten. Diese digitale Öffentlichkeit ist inzwi­schen zu einer neuen Kontrollinstanz geworden, die auch als fünfte Ge­walt bezeichnet wird. Bunz zufolge sehen „mehr Augen mehr“, was von Vorteil sei, weil es der Gefahr einer zu wohlwollenden Be­richterstattung über Politiker*innen, also einer zunehmenden De­ckungsgleichheit politischer und medialer Öffentlichkeit entgegen­wirken kann (Bunz 2012: 165, 166). Sie schlussfolgert

Eine neue Gewaltenteilung dient damit auch einer demokra­tischen Funktion. Begrüßen wir also eine zweite, digitale Öffentlichkeit, betrieben durch die flinken Finger der Bürger, die bewaffnet mit Tastatur, Rechner und unterstützt von Algorithmen der ersten Öffentlichkeit zur Seite getreten ist – als fünfte Gewalt. (Bunz 2012: 166, Hervorh. von SY)

Wie Burkhard (2015) formuliert, verändert sich „durch (Laien)-Kom­munikatoren in den heterogenen Öffentlichkeiten des Social Web […] das massenmediale Diskursmonopol des Journalismus“. Als Bei­spiele führt er die durch soziale Medien initiierten Fälle des Rück­tritts prominenter Politiker*innen (Guttenberg, Schavan, Wulff) an. (Burkhard 2015: 122) Auch Politiker*innen bedienen sich inzwischen häufiger des direkten Kommunikationsweges sozialer Me­dien, sind also nicht mehr nur auf die Berichterstattung journalis­tischer Medi­en angewiesen.

Die Kehrseite des Demokratisierungspotentials sozialer Medien ist die Entwicklung einer häufig hasserfüllten Debattenkultur, in der unter Verweis auf die Meinungsfreiheit früher tabuisierte Inhalte und Sprache enttabuisiert und akzeptiert werden. Soziale Medien bieten Plattformen zur Verbreitung von Hass, Hetze und Desinfor­mationen und stellen damit eine ernstzunehmende Gefahr für de­mokratische Gesellschaften dar (Dumbrava 2021; Kneuer 2017; Knuutila/Kosonen/Saresma/Haara/Pöyhtäri 2019; Landsberg 2021; Schwarz/Holnburger 2018: 35). An Diskussionen in sozialen Me­dien können sich prinzipiell alle beteiligen. Ähnliche Kontrollme­chanis­men wie in journalistischen Medien gibt es nicht. Soziale Me­dien ermöglichen die virale Verbreitung enttabuisierter Inhalte über digi­tale Netzwerke, erleichtern die Organisation Gleichgesinnter in sogenannten Echokammern und begünstigen durch ihre Algorith­men die Entstehung von Filterblasen, in denen den Nutzer*innen In­halte angeboten werden, die ihrer Suchhistorie und den Likes ange­passt sind und die Wahrnehmung der Stimmungslage in einer Gesell­schaft verzerren können (vgl. Zweig/Deussen/Krafft 2017; Montag 2018: 33). Da rechtspopulistische Politiker*innen und ihre Anhän­ger*innen soziale Medien überproportional nutzen (Lucht/Udris/Vogler 2017; Knuutila 2019: 4), kann der Eindruck ent­stehen, es handle sich um Einstellungen, die von der breiten Masse getragen werden.

Allerdings werden Meinungen beeinflussende und politische Ma­nipulationen auch mit Hilfe von gekauften Fake-Accounts betrieben (Davis/Hindman/Livingston 2019; Hübscher 2020). Trollfabriken oder Social Bots können Wahlergebnisse beeinflussen, die weitrei­chende Folgen haben, wie im Falle der Präsidentschaftswahlen 2016 in den USA oder dem Brexit (Egli/Rechsteiner 2017: 250). Kreißel/Ebner/Urban/Guhl (2018) fanden in ihrer Studie zu Hate Speech auf Facebook heraus, dass 5 % der Accounts für 50 % der Likes für herabwürdigende Kommentare verantwortlich waren. Sie wiesen darauf hin, dass Inhalte aus Kampagnen extremistischer Or­ganisa­tionen im gesellschaftlichen Diskurs „salonfähig“ gemacht werden können, wenn sie von Politiker*innen und Medien aufge­griffen wer­den (Kreißel et al. 2018: 25). Diese Tendenz des Salonfä­hig-Machens durch Verschiebung der Sagbarkeitsregeln wird von der Sprachkri­tischen Aktion Unwort des Jahres aufgegriffen, die Ausdrücke wie „Sozialtourismus“ (2013), „Anti-Abschiebe-Indus­trie“ (2018) oder „Pushback“ (2021) wählten. Wodak (2018) spricht in diesem Zusam­menhang von schamloser Normalisierung.[2] Öffentli­che Diskurse werden auch deshalb zunehmend durch soziale Medien beeinflusst, weil Journalist*innen dort hohe Aufmerksam­keit erreichende und besonders skandalisierende Diskussionen ger­ne aufgreifen.

Als Antwort auf wuchernde Hassrede in Kommentarspalten tra­ditioneller Online-Medien und auf anderen Plattformen sozialer Medien bildeten sich aber auch Gruppen, die einer Normalisierung aggressiver und hasserfüllter Debattenkultur mit Gegenrede entge­gentreten. Laubenstein/Urban (2018: 55) weisen darauf hin, dass „nur wenige Organisationen eine Netz-Strategie konzipiert oder ei­ne nennenswerte Präsenz in den sozialen Medien zu haben“ schei­nen. Die Ausarbeitung von Netz-Strategien und die Präsenz von Ge­gen­redekampagnen hängt natürlich davon ab, welche Ressourcen die Aktionsgruppen (deren Mitglieder sich ehrenamtlich engagieren) und insbesondere ihre Administrator*innen und Moderator*innen haben.

Um den Diskurs in den Kommentarspalten sozialer Medien be­einflussen zu können, muss Gegenrede auch quantitativ sichtbar sein. Zu den bekanntesten Initiativen für organisierte Gegenrede ge­hören die des Netzwerks #iamhere international. Anfängliche Be­obachtungen zweier Gruppen des Netzwerks, der deutschen und der finnischen, vermittelten den Eindruck, dass sie sich in der Sicht­barkeit ihrer Aktivitäten stark unterscheiden. Den Ursachen für die­se Unterschiede auf die Spur zu kommen, war Ziel vorliegender kontrastiver Studie. Dabei wurde von der Annahme ausgegangen, dass die strategische Organisation der Gruppenaktivitäten einen Einfluss auf ihre Intensität und Kontinuität und damit auf die Sicht­barkeit der Gegenrede hat.

2 Gegenrede

Das Ziel der Gegenredegruppen des Netzwerks #iamhere interna­tional ist, den öffentlichen Diskurs in sachlicher und empathischer Weise zu beeinflussen, damit der Eindruck von in der Gesellschaft vorherrschenden Einstellungen nicht verzerrt wird. Allgemein gilt Gegenrede (finn. vastapuhe, engl. counterspeech) als Antwort der Zi­vilgesellschaft auf Hassrede und Extremismus (Bartlett/Krasodom­ski-Jones 2015, Laubenstein/Urban 2018, Quent 2018). Zollner (2022) nennt dazu explizit außerdem Fake News und Verschwö­rungsmythen, denen durch Counterspeech begegnet wird. Gegen­rede wird i. d. R. als reaktiv verstanden, als Reaktion von Mitglie­dern der Zivilgesellschaft auf hasserfüllte, schädliche oder gefähr­liche Äußerungen (Benesch et al. 2016: 2; Bojarska 2018: 15), kann aber auch proaktiv aufgefasst werden, z. B. als Fürsprache für Mitglieder diskriminierter Gruppen (Warnke 2021, Zollner 2022).

Allerdings gibt es keine allgemein verbindliche, sondern in Ab­hängigkeit vom Kontext unterschiedliche Definitionen für Hassrede. Scharloth (2017b: 97) bezeichnet Hassrede als eine „Sonderform der Herabwürdigung“, die darin bestehe „dass man einer Person eine so­ziale Identität zuschreibt, die von der Mehrheit der Gesellschaft ne­gativ beurteilt wird, eine unwerte, moralisch verwerfliche oder randständige Identität.“ Er fährt fort:

Im Unterschied zu anderen Formen der Herabwürdigung liegt Hate Speech dann vor, wenn die Herabwürdigung ihre herabwürdigende Kraft daraus bezieht, dass eine Person als Vertreterin einer Gruppe adressiert wird und ihr negative Ei­genschaften zugeschrieben werden, die dieser Gruppe ver­meintlich kollektiv, universell und unveränderbar zukom­men.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) definiert Hassrede als

das Befürworten und Fördern von oder Aufstacheln zu jegli­cher Form von Verunglimpfung, Hass oder Herabwürdigung ei­ner Person oder Personengruppe […], ebenso wie jegliche Belästigung, Beleidigung, negative Stereotypisierung, Stigma­tisierung oder Bedrohung einer Person oder Personengruppe und die Rechtfertigung der genannten Äußerungen, die auf­grund der „Rasse“,[Fußnote] Hautfarbe, Abstammung, nationalen oder ethnischen Herkunft, des Alters, einer Behinderung, der Sprache, der Religion oder der Überzeugung, des biologi­schen oder sozialen Geschlechts, der Geschlechtsidentität, sexuellen Orientierung oder anderer persönlicher Eigen­schaften und Statusmerkmale getätigt werden. (ECRI 2016: 3)

In ähnlicher Weise definiert auch Facebook Hassrede in den Ge­meinschaftsstandards

als direkten Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigen­schaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, reli­giöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Kaste, Ge­schlecht, Geschlechtsidentität, ernsthafte Erkrankung oder schwe­re Behinderung. Auch der Einwanderungsstatus ist in ge­wissem Umfang eine geschützte Eigenschaft. Wir definie­ren Angriff als gewalttätige oder menschenverachtende Spra­che, Aussagen über Minderwertigkeit oder Aufrufe, Personen aus­zugrenzen oder zu isolieren. (Facebook o. D.)

Benesch (2014: 5) unterscheidet Hassrede (hate speech) und gefähr­liche Rede (dangerous speech). Auch sie betont, dass es keine ein­heitliche Definition für Hassrede gibt und dass nicht jede Form von Hassrede gefährlich ist, wenngleich sie hässlich, beleidigend und verletzend sein kann. Als gefährliche Rede bezeichnet sie eine be­sondere Form von Rhetorik oder von Äußerungen, die destruktive Führer nutzen, um eine Gruppe von Menschen zur Gewalt gegen eine andere Gruppe aufzuhetzen, wobei gefährliche Rede nicht un­bedingt hasserfüllt sein muss (Benesch 2017). Allerdings kann sich Hassrede zu gefährlicher Rede entwickeln, wie Victor Klemperer (1946/1990) in seinem „LTI – Notizbuch eines Philologen“ anschau­lich dokumentiert hat.

Im engeren Sinne wird Hassrede, wie von Scharloth oder ECRI, über Gruppenbezug definiert, d. h. von Hassrede betroffen können nur Vertreter*innen von Minderheiten oder anderen Gruppen sein, die aufgrund herrschender Machtverhältnisse diskriminiert werden (Geyer 2021: 168–169). Im Projekt „Towards Balance and Bound­aries in Public Discourse: Expressing and Perceiving Online Hate Speech (XPEROHS)“[3] wurden beispielsweise Ethnophaulismen (pe­jo­rative Bezeichnungen für ethnische Gruppen) (Geyer 2021) und entmenschlichende Metaphern (Geyer 2023) untersucht.

Im weiteren Sinne können auch Vertreter*innen verschiedener Berufsgruppen und Institutionen (Regierung, Politiker*innen, Poli­zei, Jurist*innen, Journalist*innen, Wissenschaftler*innen, staatliche und kommunale Behörden oder Hilfsorganisationen) und pauschal solche Gruppen von Hassrede betroffen sein (Knuutila/Kosonen/Saresma/Haara/Pöyhtäri 2019). Mit organisier­ter Hassrede gegen diese Zielgruppen sollen öffentliche Diskurse und politische Entscheidungen gezielt beeinflusst werden, z. B. wel­che Beschlüsse Entscheidungsträger und Beamte fällen, worüber Journalist*innen schreiben, woran Wissenschaftler*innen forschen und welche Ergebnisse sie veröffentlichen oder welche Straftaten Polizist*in­nen, Staatsanwält*innen und Richter*innen untersuchen und verur­teilen (Knuuttila et al. 2019, Pöyhtäri/Haara/Raittila 2013). Wenn sich beispielsweise Kommunalpolitiker*innen aufgrund mas­siver Hassbotschaften und Bedrohungen aus dem kommunalpoliti­schen Geschäft zurückziehen, wird letztlich die Demokratie unter­höhlt (Heinrich Böll Stiftung 2021), was die Macht sozialer Medien als unrühmlicher fünfter Gewalt besonders deutlich macht.

In Publikationen der Robert Bosch und Amadeu Antonio Stiftun­gen wird Hassrede noch weiter gefasst und auf Faktenbezug ausge­dehnt. Neben herabwürdigenden oder gar hetzerisch-aggressiven Kommentaren gegen Gruppen oder Einzelne werden hier auch die Verbreitung von Falschinformationen (s. z. B. Robert Bosch Stiftung 2018: „700 Euro Weihnachtsgeld für Flüchtlinge“), das Leugnen wis­senschaftlich anerkannter Tatsachen und Verschwörungsmythen zu Hass­rede gezählt (Amadeu Antonio Stiftung 2013). Schwarz/Holn­burger (2018: 39) weisen darauf hin, dass mit Fake News geziel­te Desinformationen verbreitet werden, die Hassrede und die Her­ausbildung extremistischer Weltbilder fördern und beispielsweise de­mokratische Wahlen beeinflussen können.

Hassrede wird also zunächst aus sprachkritischer Perspektive als durch Sprechakte oder Kommunikationsverfahren wie Herabwür­digung, Verunglimpfung, Belästigung, Beleidigung, negative Stereo­typisierung, Stigmatisierung oder Bedrohung gekennzeichnet ver­standen, wobei es hauptsächlich um Diskriminierung marginalisier­ter Gruppen (oder Angehöriger dieser Gruppen) geht. Auch Face­book betont die Rolle der Sprache („gewalttätige oder menschen­verachtende Sprache“). Des Weiteren kann Hassrede aus diskurskri­tischer Perspektive über Inhalte (Rassismus, Falschmeldungen, Ver­schwörungstheorien usw.) oder durch die Bedrohung bestimmter Be­rufsgruppen und Institutionen (oder ihrer Vertreter) als demokra­tiegefährdend charakterisiert und definiert werden. Entsprechend kann Gegenrede aus sprach- und diskurskritischer Perspektive be­trachtet werden. Tatsächlich wurde die Frage, was wichtiger ist, Form oder Inhalt, in der deutschen #ichbinhier-Gruppe intensiv dis­kutiert, wie in teilnehmender Beobachtung der Gruppenaktivi­täten festgestellt werden konnte. Nicht alle Gruppenmitglieder wa­ren beispielsweise mit einer Aktion einverstanden, die den damali­gen Parteivorsitzenden der AfD, Alexander Gauland, verteidigte, als dieser Zielscheibe von Hohn und Spott wurde, nachdem ihm beim Ba­den die Sachen gestohlen wurden und er in seiner Badehose zur Po­lizeistation laufen musste. Allerdings waren solche Aktionen zur Ver­teidigung rechtspopulistischer Politiker die Ausnahme und die mei­sten Aktionen konzentrierten sich auf Themen wie Rassismus und Diskriminierung. Die Analyse von Triggerdiskursen und Strate­gien für Gegenrede ist jedoch Gegenstand einer anderen Untersu­chung.

Marx (2019) fasst Hate (Speech) und Fake News als Konstituenten einer Sagbarkeitstopographie auf, denen eine Verrohung und Ver­schiebung bzw. Erweiterung des Sagbarkeitsfeldes gemein ist. Da Gegenrede nicht nur Hass und Hetze entgegentritt, sondern auch Falschnachrichten, Verschwörungsmythen, dem Leugnen wissen­schaftlich anerkannter Tatsachen und extremistischer Propaganda, die allesamt Gefahren für demokratische Gesellschaften darstellen, könnte die Definition für Gegenrede somit auch erweitert werden als: Antwort der Zivilgesellschaft auf die Verschiebung des Sagbarkeitsfeldes in Richtung einer Verrohung von Sprache und Normalisierung demokratiegefährdender Diskurse. Diese Definition wird einer begrifflichen Trennschärfe besser gerecht als die von dem Begriffspaar Gegenrede – Hassrede ausgehende und umfasst gleichermaßen sprachliche und inhaltliche Aspekte.

In vorliegender Studie konzentriere ich mich auf Faktoren, die die Sichtbarkeit von Gegenredekampagnen in sozialen Medien be­einflussen und somit eine die Demokratie verteidigende Funktion haben können, speziell auf die strategische Organisation von Gegen­rede in der deutschen und finnischen Gruppe des Netzwerks #iamhere international. Dieses Netzwerk besteht aus 14 privaten Facebookgruppen aus 20 Ländern in 12 Sprachen und mit ca. 150.000 Mitgliedern. Die Initiative zur Gründung des Netzwerks kam von Mina Dennert, die am 13. Mai 2016 die erste schwedische Gruppe #jagärhär gründete, die über 71.000 Mitglieder hat (31.1. 2022). Die zweite Gruppe wurde von Hannes Ley am 18.12.2016 gegründet: #ichbinhier hat über 42.000 Mitglieder (31.1.2022). Die finnische Gruppe #olentäällä wurde am 19.2.2017 von Tarita Memo­nen gegründet und hat über 2.000 Mitglieder (31.1.2022). Im Ver­gleich zum September 2020 haben die schwedische und die deu­tsche Gruppe beide rund 2.000 Mitglieder verloren, wohingegen die finnische Gruppe rund 300 neue Mitglieder gewinnen konnte.

Die Ziele des Netzwerks #iamhere international sind u. a., sich Hass­rede, Trolling, Misinformation, Intoleranz, Rassismus, Homo­phobie und anderer Diskriminierung entgegenzustellen, Menschen­rechte, Demokratie und Meinungsfreiheit zu verteidigen, und zwar in einer respektvollen, offenen, empathischen, höflichen und sach­lichen Art (iamhere international o. D.). Zum Kernkonzept der Akti­onsgruppen gehört Peersupport (Persönliche Mitteilung von Tarita Memonen am 12.11.2020), d. h. die Mitglieder unterstützen sich in den Kommentarspalten gegenseitig durch Kommentare und Likes. Auf diese Weise sollen die sachlichen Kommentare der Gruppen­mit­glieder in den Kommentarspalten weiter nach oben rücken und sichtbarer werden als hasserfüllte oder unsachliche Kommentare (Laubenstein/Urban 2018: 60), um somit den stillen Mitle­ser_in­nen […] ausgewogene Meinungen zu vermitteln (Laubenstein/Urban 2018: 59). Auch wenn die Gruppen aus unterschiedlichen Ländern gemeinsame Ziele und Werte teilen, unterscheiden sie sich in der Art ihrer zivilgesellschaftlichen Organisiertheit, was auch Aus­wir­kungen auf ihren Bekanntheitsgrad und die Sichtbarkeit ihrer Gegenredeaktionen hat. Beispielsweise waren in der deutschen Gruppe 12 Teams verantwortlich für die Organisation aller Aktivitä­ten, wie die Teams Erweiterter Leitungskreis, Chronik, Lagerfeuer, Mitgliederempfang, Patinnen usw. Diese Teams wurden 2018, 2019 und 2020/2021 in sogenannten Vorstellungsabsackern[4] vorgestellt und in den Dateien der Facebook-Gruppe dokumentiert. In der fin­nischen Gruppe konnte eine solche Organisation durch Teams, die für spezifische Aufgaben verantwortlich zeichnen, nicht festgestellt werden. Bereits im Mai 2017 wurde die Gründung eines gemeinnüt­zigen Vereins ichbinhier e. V.[5] angekündigt, der die deutsche Face­book-Aktionsgruppe in administrativen und organisatorischen An­gelegenheiten unterstützen und u. a. für Öffentlichkeitsarbeit, Schu­lungs- und Beratungsangebote zuständig sein sollte. Eingetragen wurde der Verein am 4. August 2017.[6] Die deutsche Aktionsgruppe erzielte große mediale Aufmerksamkeit und wurde mehrfach ausge­zeichnet, wohingegen die finnische Gruppe in Finnland weniger be­kannt ist. Bisher gibt es nur drei jeweils kurze sachliche Erwähnun­gen der #olentäällä-Gruppe, die mit einiger Mühe über Suchmaschi­nen gefunden werden können: eine durch die schwedisch-finnische Nachrichtenagentur Yle svenska in einem Bericht über Mina Den­nert (Smederevac 2017), eine weitere in einem Schulungsmate­rial zum Umgang mit Hassrede (Tommila 2017: 9, 22) und die dritte in einer Publikation des Justizministeriums (Ekholm/Tuokkola/Luhta­saari 2018: 18).[7] Leichter auffindbar sind Erwähnungen der Gruppe in verschiedenen rechtsextremistischen Foren und ein Arti­kel der „alternativen“ Magneettimedia, einer ursprünglichen Gratis­zeitung der J. Kärkkäinen Oy (einer finnischen Warenkette), die heute als Internetpublikation verbreitet wird und berühmtberichtigt wurde durch ihre rassistischen und antisemitischen Texte. Nur sie widmete der #olentäällä-Gruppe einen ganzen Artikel unter dem Titel #OlenTäällä – DDR-Stasi-tyylinen painostusryhmä facebook­issa; havainnot (#OlenTäällä – Eine Lobby-Facebookgruppe im Stil der DDR-Stasi; Beobachtungen) (Vieraskynä 2019). Seriöse Medien berichteten bislang nicht über die #olentäällä-Gruppe (Persönliche Mitteilung von Tarita Memonen am 19.9.2020). Einen Verein zur finnischen Gruppe gibt es nicht.

Bei der teilnehmenden Beobachtung der Aktivitäten der deut­schen und der finnischen Gruppe des Netzwerks fiel auf, dass die deutsche Gruppe außerordentlich aktiv war, die finnische dagegen eher inaktiv. Um die Ursachen für diese unterschiedliche Intensität und Kontinuität der Aktivitäten beider Gruppen zu untersuchen, wurde vorliegende kontrastive Studie durchgeführt. Speziell wurde der Frage nachgegangen, inwiefern Intensität und Kontinuität der Aktivitäten von ihrer strategischen Organisation abhängen.

3 Material und Methoden

Ausgangspunkt für vorliegende kontrastive Analyse waren ethno­grafische teilnehmende Beobachtungen (Fiebertshäuser/Panagio­topoulou 2010, Hammersley/Atkinson 2007, Pentzold 2015) der Ak­tivitäten der deutschen und finnischen Facebookgruppen des Netz­werks #iamhere international über einen längeren Zeitraum. Durch m. o. w. regelmäßiges Verfolgen der Aktivitäten und Teilnahme an Aktionen der Facebookgruppen #ichbinhier und #olentäällä von 2017 bis 2019 wurden Unterschiede in der Intensität und Kontinuität ihrer Aktivitäten festgestellt. Um diese Unterschiede systematisch zu untersuchen, erfolgten ab 2020 intensivere teilnehmende Beobach­tungen verschiedener Formate beider Gruppen und des Vereins ich­binhier (Aktionen, Diskussionen, Bootcamps, Online-Konferenzen und Webinare) sowie Korrespondenz mit ihren Mitgliedern und mit den Gründer*innen der finnischen, deutschen und schwedischen Gruppen des Netzwerks #iamhere international. Konsultiert wur­den außerdem die Dateien der Facebook-Gruppen mit Informatio­nen zu ihren Arbeitsweisen. Für die systematische Analyse wurden manuell alle Postings der #ichbinhier-Gruppe von Juni bis August 2020 und der #olentäällä-Gruppe von Januar bis August 2020 doku­mentiert. Insgesamt handelte es sich um 737 Postings beider Grup­pen. Die Untersuchungszeiträume unterscheiden sich für beide Grup­­pen, da die Aktivitäten der deutschen Gruppe relativ hoch und konstant waren, während die der finnischen Gruppe insgesamt nied­riger waren und stärker variierten. Das Material wurde zunächst von Anfang Juni bis Ende August 2020 gesammelt. Da es in der finni­schen Gruppe in dieser Zeit relativ wenige Aktivitäten gab, wurden ihre Postings rückwirkend bis Anfang Januar 2020 aufgerufen und dokumentiert. Die systematische Dokumentation umfasste Angaben zur Art der Aktivitäten (Aktionen oder andere) sowie zu Datum und Titel des Postings in einem Excel-Dokument. Für Aktionen wurden das Medium (ZDF, Bild, Helsingin Sanomat, Yle etc.), der URL des Gruppenpostings und die Zahl der Kommentare notiert. Ausführli­chere Informationen, wie die Anmoderationstexte der Gruppenpos­tings und einige Kommentare unter den Postings wurden sukzessive ergänzt für den Fall, dass die geposteten Inhalte später nicht mehr zugänglich wären. Bis heute (November 2022), sind nur einige der Postings nicht mehr online, besonders solche die sich auf Face­bookseiten von RT Deutsch bezogen, offensichtlich weil die EU die Verbreitung staatlicher russischer Medien im Februar 2022 verbot.

Um die Intensität der Gruppenaktivitäten zu untersuchen, wur­de der Umfang aller Postings beider Gruppen für den jeweiligen Untersuchungszeitraum nach ihrer Art (Gegenrede-Aktionen und andere Postings) aufgeschlüsselt und ins Verhältnis zur durch­schnittlichen monatlichen Aktivität gesetzt. Um ein genaueres Bild über die Kontinuität der Aktivitäten in beiden Gruppen zu erhal­ten, wurde des Weiteren ihr tatsächlicher monatlicher Umfang von Januar bzw. Juni bis August 2020 untersucht (s. Kap. 4.1).

Um die Rolle organisatorischer Netz-Strategien für die Inten­sität und Kontinuität der Gruppenaktivitäten zu untersuchen, wurde die gruppeninterne strategische Organisation der Aktivitäten der deutschen und finnischen Facebookgruppen des Netzwerks #iamhere international auf der Basis ihrer Postings analysiert und verglichen. Speziell wurde untersucht, welche Art von Aktionen und anderen Postings es gab und inwiefern sich für diese Postings Grup­penregeln, die einen Einfluss auf die Intensität und Kontinuität der Aktivitäten haben können, konventionalisiert hatten (s. Kap. 4.2).

Alle Übersetzungen vom Finnischen ins Deutsche stammen von mir (SY).

4 Ergebnisse

4.1 Intensität und Kontinuität der Aktivitäten der Facebook-Aktionsgruppen #ichbinhier und #olentäällä

Insgesamt fanden sich reichlich doppelt so viele Postings von #ichbinhier in nur drei Monaten wie von #olentäällä in acht Mona­ten (s. Tab. 1).

Die Aktivitäten können grob in Aktionen, Mitgliederaktionen und andere Postings unterteilt werden. Aktionen sind Postings, die von den Moderator*innen gepostet bzw. freigegeben werden, und die auf den Ort, d. h. auf die Kommentarspalten sozialer Medien, auf­merksam machen, an denen Gegenrede benötigt wird. Mitgliederak­tionen sind – wie der Name sagt – Aktionen, die von den Mitglie­dern vorgeschlagen werden. Zu diesem Zweck werden von den Mo­derator*innen in der deutschen Gruppe sogenannte Lagerfeuer an­gezündet, in der finnischen sogenannte Feuerlöscher gepostet. Unter diese Postings konnten die Mitglieder Aktionsvorschläge zu Kom­mentarspalten machen, in denen sie Hilfe benötigten. Die unter­schiedlichen Metaphern bezeichnen die Arbeitsweise: Ein Lager­feuer wurde in der deutschen Gruppe täglich „angezündet“, „brann­te“ den ganzen Tag über und wurde am Abend „gelöscht“, d. h. es wurden von den Mitgliedern täglich zahlreiche Aktionsvorschläge gepostet, während ein Feuerlöscher nur selten gepostet wurde (s. Tab. 1) und die Metapher auf akuten Hilfebedarf hinweist (zu den Metaphern s. a. Kap. 4.2.2). Daneben gab es vielfältige andere Pos­tings, z. B. Informationen und Moderationshinweise oder Mitglie­derdiskussionen.

 

#ichbinhier
(Juni–August 2020)

#olentäällä
(Januar–August 2020)

Zahl der Aktionen

269

152

Zahl der Mitglieder­aktionen (Lagerfeuer/Feuerlöscher)

82

11

Zahl der anderen Postings

147

76

Gesamtzahl der Postings

498

239

Tabelle 1: Anzahl der Aktivitäten der Facebookgruppen #ichbinhier und #olentäällä.

Abbildung 1: Durchschnittliche Zahl der Aktivitäten von #ichbinhier und #olentäällä pro Monat.

Erwartungsgemäß wurden am häufigsten Aktionen gepostet. Eine einfache Division der Postings durch die Zahl der Monate zeigte, dass auf #ichbinhier täglich durchschnittlich drei Aktionen und zu­sätzlich fast jeden Tag eine Lagerfeuer-Aktion gepostet wurden, während es auf #olentäällä nicht jeden Tag Aktionen und nur rund eine Feuerlöscher-Aktion pro Monat gab (s. Abb. 1). Auch die Zahl anderer Postings unterschied sich in beiden Gruppen stark: Sie war in der #ichbinhier-Gruppe in nur drei Monaten fünfmal so hoch wie in der #olentäällä-Gruppe in acht Monaten.

Die Zahl der Mitgliederaktionen, in denen Mitgliedervorschläge für Aktionen gepostet werden können, unterschied sich in beiden Gruppen am stärksten: Lagerfeuer-Postings betrugen das Zweiund­zwanzigfache der Feuerlöscher-Postings. Unter den 82 Lagerfeuer-Postings der untersuchten drei Monate von #ichbinhier gab es zu­dem insgesamt 22.301 Kommentare, was eine durchschnittliche Kommentarzahl von 272 pro Lagerfeuer ausmacht. In diesen Kom­mentarzahlen waren jeweils zwei bis sieben Hinweise der Feen und Elfen (die die Lagerfeuer moderierten) enthalten, z. B. zum Tool oder den Paten. Das Tool war eine App, die von den Feen und Elfen des Lagerfeuers genutzt wurde, um Links zu den Gegenrede-Kommen­taren der Mitglieder an einem Ort zusammenzufassen. Dieses Tool zeigte die jeweils letzten 200 Kommentare an, die aktualisiert wur­den, sobald neue Kommentare hinzukamen. Über das Tool konnte die Vergabe von Likes optimiert werden. Das Ziel des Tools war, die Kommentare der Gruppenmitglieder mit so vielen Likes zu verse­hen, dass sie von den Facebook-Algorithmen in den Kommentar­spalten nach oben gepusht würden, um ihre Sichtbarkeit zu erhö­hen. 2021 sperrte Facebook diese Möglichkeit, was in der Gruppe auf großes Bedauern stieß. Die Paten waren eines der 12 Teams der #ichbinhier-Gruppe, bestehend aus ehrenamt­lichen Mitgliedern (wie alle Moderator*innen und Administra­tor*innen der Gruppe), an die sich neue Mitglieder wenden konnten, um Hilfe bei der Orientie­rung innerhalb der Gruppe und zur Betei­ligung an den Aktivitäten zu erhalten. Nach diesen einleitenden Tipps konnten Gruppenmit­glieder Links zu Facebook-Postings von Medienhäusern posten, auf denen sie Unterstützung (zum Verfassen von Gegenredekommenta­ren und/oder Likes) brauchten. Diese Links wurden als Top-Level-Kommentare (TLK) gepostet und wa­ren i. d. R. begleitet von Anga­ben zum Medium, der Uhrzeit und dem Thema, was das Akronym MUT ergibt, s. Beispiel 1.

1.      Medium: RTL aktuell, Uhrzeit: 9:45, Fünf Jahre ‚Wir schaffen das‘, viele Merkel-Hasser, Link.

Ein Aktionsvorschlag hatte im Schnitt fünf Sub-Level-Kommentare (SLK) mit Links zu den jeweiligen Gegenrede-Kommentaren der Mitglieder. Diese Links wurden entweder von den Kommenta­tor*
innen selbst oder (wenn diese mobil kommentierten) von den Feen und Elfen eingestellt. Die Zahl der von den Mitgliedern täglich ge­posteten Aktionsvorschläge war in der deutschen Gruppe enorm (Stichproben ergaben 40–90 Aktionen pro Tag).

Die elf Feuerlöscher-Aufrufe in acht Monaten auf #olentäällä er­hielten insgesamt nur 46 Kommentare, was 4,2 Kommentare pro Feuerlöscher-Aufruf ergibt, wobei auch hier regelmäßig Hinweise der Moderator*innen enthalten waren, aber nur selten Mitglieder­vorschläge für Aktionen. Aktionsvorschläge von #olentäällä-Mit­gliedern waren dagegen in einigen Fällen unter eigentlichen Aktio­nen zu finden, und zwar zu solchen Facebookseiten anderer Medi­en, die dasselbe Thema der jeweiligen Aktion behandelten. Z. B. wurden unter einer Aktion zu den Black-Lives-Matter-Demonstra­tionen auf den Facebookseiten der Abendzeitung Iltalehti weitere Links zu Seiten weiterer Medienhäuser (der anderen führenden Abendzeitung Iltasanomat und zu Yle TV, dem Fernsehsender der finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Yleisradio) ge­pos­tet, auf denen dasselbe Thema behandelt wurde.

Auch in der Kontinuität der Aktivitäten beider Gruppen waren große Unterschiede feststellbar. Während in der deutschen #ichbinhier-Gruppe täglich verschiedene Postings zu verzeichnen waren, variierte die Zahl der Aktivitäten in der finnischen #olentäällä-Gruppe stark (s. Abb. 2). Nur von Januar bis Mitte März gab es hier beinahe täglich ein oder mehrere Postings.

Abbildung 2: Tatsächliche Verteilung der Aktivitäten von #ichbinhier (Juni–August) und #olentäällä (Januar/Juni–August) 2020.

Eine Erklärung dafür, weshalb die Aktivitäten in der finnischen #olentäällä-Gruppe zu Beginn des Jahres 2020 verhältnismäßig hoch waren, ist, dass die Gruppe zu Beginn des Jahres viele neue Mitglieder erhalten hatte: Von Anfang Januar bis zum 19. Februar wurden in neun Willkommenspostings insgesamt 412 neue Mitglie­der begrüßt (Ende Dezember waren es 1.555 Mitglieder, am 19.2.2020 1.967). Das starke Absinken der Aktivitäten ab Mitte März ist auf die Folgen der Coronapandemie zurückzuführen und im Juli und August gab es kaum noch Aktivitäten, wofür neben Corona auch die Ur­laubszeit verantwortlich war (Persönliche Mitteilung von Tarita Memonen am 19.9.2020). Auch in der deutschen #ichbinhier-Gruppe war von Juni bis August ein leichter Rückgang der Aktivitä­ten zu verzeichnen, der auch hier mit der Urlaubssaison zusammen­hängt. Vom 23.-29. Juli machte die Gruppe Betriebsfe­rien, d. h. in dieser Zeit wurden keine Aktionen gepostet und auch das Lagerfeu­er brannte auf Sparflamme. Auch wenn aufgrund der hier untersuch­ten drei Monate keine verlässlichen Aussagen zur Kontinuität der Aktivitäten über einen längeren Zeitraum gemacht werden können, kann ich aus den Erfahrungen meiner teilnehmen­den Beobachtun­gen sagen, dass die Aktivitäten der #ichbinhier-Gruppe auch vor dem hier untersuchten Zeitraum insgesamt keinen größeren Schwankungen unterlagen, wenngleich z. B. die Zahl der täglichen Gegenredeaktionen (die das „Kerngeschäft“ der Aktions­gruppen sind) von einer bis zu acht variierte.

4.2 Strategische Organisation der Aktivitäten in den #ichbinhier- und #olentäällä-Gruppen

Im Folgenden wird untersucht, wie Aktionen, Mitgliederaktionen (Lagerfeuer und Feuerlöscher) und andere Postings organisiert wur­den, d. h. welche Regeln für sie in den beiden Gruppen #ichbinhier und #olentäällä entwickelt wurden und inwieweit diese Regeln kon­ven­tionalisiert waren. Das Schwergewicht liegt dabei auf den Aktio­nen, dem „Kerngeschäft“ der Aktionsgruppen.

4.2.1 Aktionen

Aktionen wurden daraufhin untersucht, wer sie postete, auf welche Or­te sie abzielten, inwiefern die Aktionen weiter kategorisiert wur­den und wie weitgehend Anmoderationstexte und Mitgliederkom­mentare konventionalisiert waren (s. Tab. 2).

In der deutschen Gruppe wurden (mit Ausnahme der Urlaubs­woche im Juli 2020) bis zu acht Aktionen täglich, in der finnischen nur in den drei ersten Monaten des Jahres 2020 zuweilen mehr als eine Aktion gepostet. Die Aktionen wurden in der #ichbinhier-Gruppe nur von Moderator*innen gepostet, während es in der #olentäällä-Gruppe sowohl von Moderator*innen als auch von Mit­gliedern gepostete (und zeitverzögert von den Moderator*innen frei­gegebene) Aktionen gab.

 

#ichbinhier

#olentäällä

Umfang/Erscheinen

Täglich 1-8 (außer an 7 Urlaubstagen im Juli 2020)

Sporadisch seit Mitte März 2020

Autoren der Aktionspostings

Moderator*innen

Moderator*innen und Mitglieder (von Moderator*innen freigegeben)

Zielort

Kommentarspalten der Facebookseiten großer Medienhäuser mit mehr als 10.000 Follower*innen

Kommentarspalten der Facebookseiten großer und kleiner Medien, Facebookseiten anderer Gruppen und von Politiker*innen, Twitter

Kategorisierung

Explizit mittels Überschriften: Aktion 1, 2, 3 …, Brennpunkt, Solidaritätsaktion, Aktion International

Keine Überschriften außer im Falle von internationalen Aktionen: kansainvälinen tehtävä!

Anmoderation

konventionalisiert, ausführlich, reaktiv

Variabel, kurz, reaktiv und proaktiv

Mitglieder-kommentare

Links zu Mitglieder-kommentaren TLK und SLK (Top- und Sublevel Kommentare) oder Bitte um Verlinkung, keine inhaltlichen Kommentare

T, K, I (L, K, M – Like, Kommentar, Meldung), inhaltliche Kommentare und Diskussionen bis Anfang Juni 2020 sowie weitere Aktionsvorschläge der Mitglieder (meist zum selben Thema auf anderen Facebook-Medienseiten)

Tabelle 2: Übersicht über die strategische Organisation der Aktionen der Gegenredekampagnen #ichbinhier und #olentäällä.

In der deutschen Gruppe konzentrierten sich die Aktionen auf die Kommentarspalten von Facebookseiten reichweitenstarker Medien mit mehr als 10.000 Follower*innen. In der finnischen Gruppe ge­hörten nicht nur Facebookseiten großer Medienhäuser, sondern auch andere Facebook-Gruppen sowie Seiten von Parteizeitungen, Po­litiker*innen und der Regierung, kleineren Unternehmen und Twitter zu den Zielorten. Erst Anfang Juni 2020 gab es hier einen Mo­derationshinweis, in dem gesagt wurde, dass Aktionen in Kom­mentarspalten öffentlicher Medien und entsprechender Einrichtun­gen, aber nicht auf den Profilseiten einzelner Personen gestartet werden.

Die Aktionen wurden in der deutschen Gruppe pro Tag numme­riert (Aktion 1, 2, 3 …) oder mit Überschriften versehen, die auf den Zielort der Aktion deuteten (Brennpunkt, Solidaritätsaktion). Brenn­­punkte waren Aktionen auf Seiten, auf denen Hasskommenta­re dominierten und ausuferten (wie bei RT Deutsch). Hier wurden die Kommentierenden darauf hingewiesen, dass von ihnen beson­dere Nervenstärke gefordert sei und sie ihre Privateinstellungen kontrollieren sollten, um sich vor Angriffen zu schützen. In Aus­nahmefällen gab es sogenannte Solidaritätsaktionen auf den Seiten bekannter Personen, Personengruppen oder Initiativen (Karl Lau­terbach, BAP, Polizei Berlin, UNICEF Deutschland, Knorr usw.). Eine ähnliche Kategorisierung von Aktionen wie bei #ichbinhier war in der #olentäällä-Gruppe nicht festzustellen. Eine Nummerie­rung der Aktionen war in der finnischen Gruppe auch nicht nötig, da i. d. R. nicht mehrere an einem Tag und ab Mitte März überhaupt nur noch selten Aktionen gepostet wurden.

Eine Gemeinsamkeit beider Gruppen war die Teilnahme an einer über­schaubaren Zahl von internationalen Aktionen des Netzwerks #iamhere international, die als Aktion international / kansain­välinen tehtävä gekennzeichnet wurden (im hier untersuchten Ma­terial nahm #ichbinhier an vier und #olentäällä an sechs solcher Ak­tionen teil).

Die Anmoderationstexte zu Aktionen waren in der #ichbinhier-Gruppe stark konventionalisiert (Beispiel 2), während sie in der #olentäällä-Gruppe variierten (Beispiele 3-9).

2.     Liebe Gruppe, […] unsere sechste Aktion heute führt uns zur Seite der FAZ (Achtung Wortfilter) […] Lasst uns gerade hier respektvoll, empathisch, sachlich und differenziert in den Diskurs einsteigen. […] Da es in letzter Zeit doch sehr emotional zuging, hier der Hinweis: Wir wollen eine anständige Diskussionskultur fördern, aber niemanden belehren oder gar beleidigen. Bitte diskutiert sachlich und lasst euch nicht provozieren. […] (Hervorh. von SY)

Die deutschen Anmoderationstexte waren relativ lang und nutzten schematische Formulierungen, die sich in allen Postings mit teilwei­se nur kleinen Variationen wiederholten, z. B. sachlich in die Diskus­sion einzusteigen (meist werden daneben auch empathisch, differen­ziert und respektvoll erwähnt), sich nicht für die Gruppe #ichbinhier zu rechtfertigen und sich nicht provozieren zu lassen. Diese Einlei­tungstexte glichen sich von Aktion zu Aktion. Die Verwendung von Ausdrücken wie „gerade hier“ und „in letzter Zeit“ (s. Beispiel 2) ver­loren in meinen Augen durch die schematische Wiederholung mit der Zeit an Überzeugungskraft. Weitere Hinweise der Modera­tor*innen folgten in den ersten drei Top-Level-Kommentaren unter den Aktionspostings, und zwar erstens Tipps für Neueinsteiger mit Links zu den Dateien der Gruppe und zweitens ein Glossar, in dem wichtige Begriffe der #ichbinhier-Gruppe (Aktion, Brennpunkte, Lagerfeuer, TLK, SLK, Tools, Verlinken usw.) definiert wurden. Manchen Aktionen wurde der Warnhinweis Achtung Wortfilter! vorangestellt, den einige Medienhäuser (z. B. Spiegel, ZDF, Tages­schau) benutzten, um Hassrede automatisch zu löschen. Im Glossar wurde u. a. erklärt, was ein Wortfilter ist und ein Link zu einem Tool angegeben, mit dem man seine Texte vor dem Posten daraufhin prü­fen konnte, ob er im Filter hängen bleiben und gelöscht werden wird.[8] Danach schloss sich drittens ein Info-Thread mit Links zu Sei­ten an, auf denen Hintergrundwissen zum jeweiligen Thema des Me­dienberichts zu finden war (z. B. Faktenchecks oder offizielle Statistiken), was von den Moderator*innen als nützliche Hilfe für sachliches Kommentieren empfohlen wurde.

Die Einleitungstexte in der finnischen Gruppe waren dagegen ge­wöhnlich sehr kurz und individuell formuliert (s. Beispiele 3-9).

3.     Tänne myös apuja.

Hier wird auch Hilfe gebraucht.

 

4.     Kommenteissa vihapuhetta, rasismin vähättelyä ja naureskelua henkilölle, joka kertoo kokemastaan rasismista.

In den Kommentaren Hassrede, Bagatellisierung und Belächeln eines Menschen, der über selbst erlebten Rassismus berichtet.

 

5.     Kommentit uhkuu käsittämätöntä vihaa lapsia kohtaan. Meitä tarvitaan täällä.

Die Kommentare triefen vor unglaublichem Hass Kindern gegenüber. Wir werden hier gebraucht.

 

6.     Arvaatte varmaan jutun kommentit....

Ihr könnt euch bestimmt die Kommentare dazu vorstellen….

Über dem Link zu den Kommentarspalten steht oft nur, dass Hilfe benötigt wird, und zwar häufig in umgangssprachlicher Form (s. Bei­spiel 3). Alternativ fungiert manchmal die Angabe des Grundes für die Aktion implizit als Aufruf zur Hilfe (s. Beispiel 4). Häufig sind die Aufrufe zur Hilfe wertend und sehr emotional gefärbt (s. Beispiel 5). Das eigentliche Thema des Medienberichts wird nur selten explizit erwähnt und manchmal mit einem wertenden Kommentar versehen (Beispiel 6). Ein weiterer Unterschied zur #ichbinhier-Gruppe war, dass in der #olentäällä-Gruppe nicht nur reaktive, sondern auch proaktive Aufrufe zu Aktionen gepostet wurden, was in den Einlei­tungen hervorgehoben wurde (s. Beispiele 7-9).

7.      Olkaa siellä ennen trolleja.

Seid dort vor den Trollen.

 

8.     Ennakoin!

Ich sehe vorher!

 

9.     K & T inb4 öyhöttäjät löytää sen 😉.

K (Kommentar) & L (Like) inb4 es die Schreihälse finden 😉.

Warnhinweise auf Wortfilter gab es in den Anmoderationstexten für #olentäällä-Aktionen nicht. Auf Nachfrage bei der für Online-Dis­kussionen zuständigen Stelle der größten finnischen Tageszeitung Helsingin Sanomat erfuhr ich, dass finnische Medienhäuser keine „absurden“ Wortfilter („älyöttömiä sanasuodattimia), sondern menschliche und algorithmische Moderation einsetzten (persönli­che Mitteilung von HS.fi/Jarkko am 23.2.2023). Als „absurd“ wurden solche Listen für Wörter, durch die Kommentare im Filter hängen­bleiben, bezeichnet, weil sie den Kontext nicht berücksichtigen.

Für Mitgliederkommentare unter Aktionen gab es bei #ichbinhier strenge Regeln, bei #olentäällä scheinen sich gewisse Regeln erst langsam zu entwickeln. Diese Regeln wurden in der deutschen Gruppe in den ersten Kommentaren zu einer Aktion vorgestellt und schlossen Diskussionen unter den Mitgliedern aus (s. Beispiel 10).

10.  #ichbinhier ist eine Aktionsgruppe und wir wollen es unseren Mitgliedern so einfach wie möglich machen, an den Aktionen teilzunehmen. Deshalb ist innerhalb der Aktions-Spalten Übersichtlichkeit sehr wichtig – in den Aktionen finden also keine inhaltlichen Diskussionen statt“ Bitte halte dich unbedingt daran. […]

Die Mitglieder hielten sich an diese Regeln: Kommentare unter #ichbinhier-Aktionen bestanden aus Mitteilungen „TLK“ (Top-Le­vel-Kommentar) oder „SLK“ (Sub-Level-Kommentar) mit den ent­sprechenden Links zu diesen Mitgliederkommentaren unter den Facebook-Beiträgen der Medienhäuser oder mit der Bitte um Ver­linkung durch die Moderator*innen. Diese Hinweise dienten dazu, die Kommentare von #ichbinhier-Gruppenmitgliedern in den Kom­mentarspalten schneller zu finden, um sie liken oder kommentieren zu können. Diskussionen gab es hier nicht.

In den Kommentarspalten unter Aktionen von #olentäällä fanden sich dagegen auch ausführliche (auch kontroverse) Diskussionen über die in den Medienberichten behandelten Themen (teilweise mit Links zu Quellen, die die eigene Argumentation stützen sollten) oder über die Art der Kommentare unter diesen Medienberichten (s. Beispiel 11).

11.    Huhhuijjakkaa. Tämä käy kyllä välillä ihan työstä. Miksihän nuo mediatalot ei vaan pistä tuonen sivuilleen automaattisia "roskasuodattimia" päälle?

Ohoho. Das artet wirklich manchmal in echte Arbeit aus. Warum schalten diese Medienhäuser eigentlich nicht einfach automatische „Spamfilter“ auf diese ihre Seiten?

Die Mitglieder wurden von den #olentäällä-Moderator*innen nur dazu angehalten, ein „T“ (tykkäys – Like) und/oder „K“ (kommentti – Kommentar) anzugeben, wenn man sachliche Kommentare in den Kom­mentarspalten der Medienhäuser gelikt oder selbst kommen­tiert hatte. Auch hierbei war die Absicht, anderen Mitgliedern zu zeigen, dass sie unterstützt wurden. Diese Likes und Kommentare wurden bisweilen ergänzt durch Aufforderungen, die Kommentare von Gruppenmitgliedern zu unterstützen (s. Beispiel 12).

12.   K&T. Siellä on nyt pari hyvää ryhmäläisten kommenttia ja niiden kommentteja, joista kannattaa käydä tykkäämässä :llä.

K&L. Dort gibt’s jetzt ein paar gute Mitgliederkommentare und Kommentare dazu (Sub-Level-Kommentare), die es sich lohnt, mit einem zu liken.)

Nur in seltenen Fällen wurden auch Links zu den eigenen Kommen­taren gepostet, zum Teil ebenfalls begleitet von Bitten um Unterstüt­zung (s. Beispiel 13).

13.   Ehkä tuohon mun pitkään voisi joku sipaista jotain alle 😉. Myös kriittisiä vastakommentteja asiapohjalta jotte ei mene yksipuoliseksi: Link

Vielleicht könnte jemand dort unter meinen langen Kommentar was ergänzen 😉. Auch kritische faktenbasierte Gegenkommentare damit es nicht einseitig wird: Link

Neben Verweisen zu eigenen Kommentaren und Likes wurde manchmal auch angegeben, dass bestimmte Kommentare gemeldet wurden, was durch I oder ilmianto oder ilmoitus (Meldung) markiert wurde (s. Beispiele 14 und 15).

14.   ilmianto raiskauspuheelle

Meldung von Vergewaltigungsrede

 

15.   monta x T + 2 ilmoitusta FB:lle, toinen tuotti tuloksen, eli kommetti poistettiin.

viele x L + 2 Meldungen an FB, eine mit Erfolg, also der Kommentar wurde gelöscht.

Wie bereits weiter oben in Kapitel 4.1 erwähnt, fanden sich daneben auch Links zu Berichten anderer Medienseiten, wo über dasselbe Thema berichtet wurde (s. Beispiel 16), wobei die Hinweise manch­mal mit wertenden Aussagen zur Art der dortigen Kommentare ver­sehen wurden (s. Beispiel 17)

16.   Täällä keskustelua samasta aiheesta Ilta-sanomien fb-sivulla: Link

Hier Diskussion zum selben Thema auf der FB-Seite der Ilta-sanomat: Link

 

17.   Myös US:n sivuilla "keskustelua" asiasta, meno on sakea 😮 K&T Link

„Diskussion“ zum Thema auch auf den Seiten von US, hier geht’s voll düster ab 😮 K&L Link.

In Beispiel 17 wurde die wertende Aussage durch Sperrdruck (unter Verwendung von Leerzeichen) und erstaunten Smiley noch beson­ders hervorgehoben.

In den Kommentarspalten unter #olentäällä-Aktionen gab es wei­terhin auch Kommentare zur Wirksamkeit der eigenen Kom­mentartätigkeit, häufig verbunden mit Dank an die Mitstreiter*innen für ihren Einsatz (s. Beispiele 18-20).

18.   Kiitos ja kumarrus teille, jotka olette kommentoineet asiallisesti. 🙏🏻 Kommenttiosiot ovat alkaneet kummasti siistiytyä.

Dank und Verbeugung vor euch, die ihr sachlich kommentiert habt. 🙏🏻 Die Kommentarspalten sind erstaunlich sauber geworden.

 

19.   Asialliset kommentit nousivat hienosti, kiitos kaikille!

Sachliche Kommentare sind fein nach oben gestiegen, danke allen!

 

20. Kiitti kaikille, me taidettiin voittaa tää peli 🙂

Danke allen, wir scheinen das Spiel gewonnen zu haben 🙂

Auch lobende Kommentare für Medienhäuser, die ihre Kommentar­spalten moderierten, fanden sich (s. Beispiel 21, HS ist die Abkür­zung für die Helsingin Sanomat, die größte finnische Tageszeitung).

21.   Kylläpäs on hyvin siivottu ketju. Oho. Hs:lle ruusuja!

Wirklich gut gesäubert die Kommentarspalte. Oho. Rosen für die HS!

Andererseits wunderte man sich darüber, dass auch Kommentare der #olentäällä-Mitglieder gelöscht wurden (s. Beispiel 22).

22.  Kun nyt taas menin katsomaan kommentteja, niin eipä sitä Sinunkaan kommenttia siellä enää näkynyt sitten missään...

Als ich mir die Kommentare jetzt noch mal angeschaut habe, war auch Dein Kommentar nirgends mehr zu sehen…

Diskutiert wurde unter #olentäällä-Aktionen auch manchmal, wie schwer es ist, die Regeln einzuhalten, z. B. vor allem Top-Level-Kommentare zu posten, (s. Beispiel 23), was von anderen entschul­digend kommentiert wurde (s. Beispiel 24). Auch wie schwer es ist, empathische, wohlwollende, anteilnehmende und verantwortliche Diskussionen zu führen, wurde thematisiert (s. Beispiel 25).

23.  Mulla lähti jo laukalle enkä osannut tehdä omia aloituksia :D

Bei mir ging’s schon ab und ich konnte keine eigenen Auftakte machen :D

 

24.  XY[9] ei se mitään. Pääasia on tietysti, että asiallisia kommentteja on enemmän kuin epäasiallisia. Fiksut kommentit nousevat kuitenkin paremmin esille omina kommentteinaan.

XY macht nichts. Hauptsache ist natürlich, dass es mehr sachliche Kommentare gibt als unsachliche. Kluge Kommentare stechen als TLK allerdings besser hervor.

 

25.  Mulla meni sarkastiseksi, jotenkin vain lipsahti... Täytyy varmaan pitää taukoa, ettei sorru asiattomuuksiin, nyt vaan turhauttaa joka ei ole hyvä lähtökohta asialliselle keskustelulle 😔

Bin sarkastisch geworden, ist mir irgendwie nur so rausgerutscht… Muss bestimmt ne Pause machen, dass ich nicht in Unsachlichkeiten verfalle, jetzt ist es nur frustrierend was kein guter Ausgangspunkt für eine sachliche Diskussion ist 😔

Erst Anfang Juni wurde von den Moderator*innen darauf verwiesen, dass in den Kommentarspalten unter Aktionen keine inhaltlichen Diskussionen geführt werden sollten und entsprechende Kommen­tare gelöscht würden (s. Beispiel 26).

26.  Ylimääräiset, ryhmän tarkoitukseen liittymättömät kommentit voidaan poistaa.

Überflüssige, dem Zweck der Gruppe nicht entsprechende Kommentare können gelöscht werden.

Während in der deutschen Gruppe konventionalisierte Regeln auf allen Ebenen des Postens von und Reagierens auf Aktionen gefun­den wurden, schienen sich in der finnischen Gruppe einige Regeln, die den Charakter der Gruppe als Aktionsgruppe (und nicht Diskus­sionsgruppe) betonen sollten, erst langsam herauszubilden.

4.2.2 Mitgliederaktionen (Lagerfeuer und Feuerlöscher)

Für Mitgliederaktionen (Lagerfeuer- und Feuerlöscher-Postings) wur­den ebenfalls unterschiedliche organisatorische Strategien fest­gestellt (s. Tab. 3). Die finnische Bezeichnung palovaroitin (Feuer­löscher) ist die Übersetzung des in der schwedischen Gruppe ver­wendeten Begriffs brandläckare (auch in der britischen Gruppe #iamhere UK wird der Begriff Fire Estinguisher verwendet). Mit der Feuerlöscher-Metapher wird darauf angespielt, dass es sich bei den Postings um akute Hilfegesuche handelt. Demgegenüber weist die Lagerfeuer-Metapher auf ein kontinuierlich mit Aktionsvorschlägen zu „fütterndes“ Forum hin. Das Lagerfeuer wurde täglich um 6:00 Uhr „angezündet“ und „brannte“ den ganzen Tag über, bis es spät abends von den Moderator*innen, die als „Feuerhüterinnen“ be­zeichnet wurden, „gelöscht“ wurde (s. Beispiel 27).

27.  Für heute löschen wir das Lagerfeuer, morgen früh findet ihr dort wieder Unterstützung durch unsere Feuerhüterinnen.

Wie in Kap. 4.1 festgestellt, wurden die Lagerfeuer von #ichbinhier i. d. R. täglich angezündet, während es in der #olentäällä-Gruppe in den untersuchten acht Monaten nur insgesamt 11 Aufrufe zur Ein­reichung von Aktionsvorschlägen gab, von denen sieben im Januar gepostet wurden, einer im Februar, zwei im März und einer im Juni.

 

#ichbinhier

#olentäällä

Bezeichnung

Lagerfeuer

variierend, Feuer­löscher seit Ende Januar 2020

Kontinuität/Intensität

täglich

sporadisch

Zielort

Facebookseiten sogenannter Massenmedien jeglicher Coleur

keine Angaben in den Anmoderationstexten

Anmoderation

regelmäßige Angabe ausführlicher konsistenter Regeln

sporadische Angabe variierender Regeln

Tabelle 3: Übersicht über die strategische Organisation der Mitglieder­aktionen von #ichbinhier und #olentäällä.

Diese Aufrufe zu Mitgliedervorschlägen wurden in der finnischen Gruppe erst ab dem sechsten Aufruf Ende Januar als Feuerlöscher bezeichnet. Davor gab es die für Aufforderungen ein Parkverbots­schild mit einem Kopf, aus dessen Mund Hassrede kam in einer Sprechblase: !@$%“&, und diese Hassrede war durchgestrichen durch den Balken des Verbotsschildes. Der dritte Aufruf im Januar war als „Ilmiantoketju“ (Meldekette) bezeichnet. Hier gab es zum ersten Mal (im hier untersuchten Material) den Hinweis, Vorschläge entweder als Kommentar unter dieses Posting oder direkt in die Chronik der Gruppe zu posten. Seit dem siebenten Aufruf Ende Ja­nuar wurden die Mitglieder dazu angehalten, ihre Vorschläge direkt als Aktion in die Timeline zu posten. Im neunten und zehnten Aufruf vom März wurde wieder ergänzt, dass Aktionsvorschläge auch als Kommentar zum Feuerlöscher gepostet werden können, wenn es auf Schnelligkeit ankomme (weil die in der Chronik von Mitgliedern geposteten Aktionen erst durch die Moderator*innen freigegeben werden müssen, was zu Verzögerungen führen kann). Im elften Feuerlöscher vom Juni fehlte jedweder Hinweis auf den Ort zum Einreichen von Vorschlägen. Eindeutige Spielregeln für das Posten von Aktionsvorschlägen gab es nicht und Hinweise, die den Mitglie­dern bei der Orientierung hätten helfen können, widersprachen sich teilweise und waren nur schwer zu finden. Nur der Meldekette-Post (der dritte Aufruf im Januar) fand sich mit weniger Aufwand unter dem Button „Beliebte Themen in Beiträgen“ (am Computer) bzw. „Themen“ (am Handy).

Für das Lagerfeuer der #ichbinhier-Gruppe gab es klare Regeln, die jeden Tag aufs Neue veröffentlicht wurden. Diese bezogen sich u. a. auf die Aktionsform (Beispiel 28), auf Aktionsorte (Beispiel 29) und auf Einzelheiten zum Inhalt (Beispiel 30).

28.  Guten Morgen liebe Gruppe, wir zünden jetzt das tägliche Lagerfeuer an. Ihr könnt hier den ganzen Tag Links zu Beiträgen posten, in denen ihr auf besonders viele unsachliche, nicht zielführende Kommentare gestoßen seid und Unterstützung benötigt

 

29.  Facebookseiten sogenannter Massenmedien jeglicher Couleur, aber nicht auf Parteiseiten und privaten Seiten)

 

30. Angabe von Thema, Startzeitpunkt des Artikels, visuelle Vorschau entfernen, keine Diskussionen führen, damit der Thread übersichtlich bleibt

Außerdem gab es den Verweis auf das sogenannte „Tool“, in dem alle Mitgliederkommentare untereinander aufgelistet waren mit der Möglichkeit, sie zeitsparend (ohne die Kommentarspalten der Medi­enhäuser besuchen zu müssen) zu liken (s. Kap. 4.1).

Unterschiede im Gebrauch der Lagerfeuer- und Feuerlöscher-Postings basieren also auf unterschiedlichen administrativen Vorga­ben und in der Frequenz und Konsistenz dieser Vorgaben.

4.2.3 Andere Postings

Andere Postings waren beispielsweise Diskussionen, Informationen und Moderationshinweise. In der #ichbinhier-Gruppe waren sie durch Überschriften in bestimmte Kategorien geteilt (Absacker, #ichtalkhier, Bootcamp, Betriebsferien und Begrüßung neuer Mit­glieder), während die Postings in der #olentäällä-Gruppe meist nicht explizit durch Überschriften gekennzeichnet waren, sich aber auch hier bestimmten Kategorien zuordnen ließen (Mitgliederdiskussio­nen, Moderationshinweise und Informationen sowie Begrüßung neuer Mitglieder und Geburtstagsglückwünsche). Art und Umfang anderer Postings als Aktionen ist in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Durchschnittliche Zahl anderer Postings von #ichbinhier und #olentäällä pro Monat.

Bevor ich genauer auf die in Abb. 3 aufgeführten Kategorien einge­he, soll noch gesagt werden, dass es daneben weitere Kategorien gab, die aber im Untersuchungszeitraum nicht vorkamen. Eine sol­che war z. B. die Sparte Fanpost bei #ichbinhier, in denen Dank von (meist bekannten) Personen und Organisationen ausgedrückt wurde (z. B. von der Kölschrockband BAP im September 2020 oder von UNICEF im Mai 2020). Solche Danksagungen wurden in den Mit­gliederkommentaren mit Freude aufgenommen und als Zeichen für den Erfolg und die Nachhaltigkeit der Gegenredeaktionen von #ichbinhier interpretiert.

Die Begrüßung neuer Mitglieder (Herzlich Willkommen/Tervetu­loa) ist eine Kategorie, die in beiden Gruppen zu finden war. In der #ichbinhier-Gruppe scheint es diese Kategorie erst seit Mitte Juli 2020 zu geben, während sie in der #olentäällä-Gruppe auch schon vor 2020 existierte. In der #olentäällä-Gruppe wird die Begrüßung mit Hinweisen der Moderator*innen kombiniert, in der #ichbinhier-Gruppe beschränkt sich diese Sparte auf den Willkommensgruß.

In der #ichbinhier-Gruppe handelte es sich bei den anderen Pos­tings hauptsächlich um verschiedene Mitgliederdiskussionen, die klar in zwei große Kategorien geordnet werden konnten: Absacker und #ichtalkhier. Der sogenannte Absacker wurde in Abb. 2 separat aufgeführt zur Verdeutlichung dessen, dass er beinahe täglich gepos­tet wurde. Im Absacker posten die Moderator*innen und manchmal auch die Mitglieder (Mitgliederabsacker) etwas zur „Beruhigung der Gemüter“ am Ende des aktionsreichen Tages, z. B. eine Geschichte, die sich auf ein Bild, ein Video, ein Foto oder ein Lied bezieht. In den darunter geposteten Kommentaren äußern die Mitglieder ihre Gedanken zu dem gewählten Thema. Auch Postings zu Ankündi­gungen für den Absacker wurden zu dieser Kategorie gezählt. Der Absacker ist zuweilen auch ein Erklärbär, d. h. hier gab es beispiels­weise die Möglichkeit, Fragen zur Organisation und Arbeitsweise der Gruppe oder zur typischerweise verwendeten Terminologie (was sind TLK und SLK, wie unterscheiden sich verschiedene Ak­tionsformen usw.) zu stellen. Ständig wurde im Absacker auch die sogenannte PAT:INNENINFO veröffentlicht, in der auf die Mög­lichkeit hingewiesen wurde, sich in Chatgruppen von „Feen und El­fen“ betreuen zu lassen, in denen man lernen konnte „mitzuschwim­men“. Dabei gab es zwei Chatgruppen: die Gruppe „Klein aber fein“, die als „quasi Nichtschwimmerbecken“ bezeichnet wurde und die „Amici“, die auch in „stürmischen Gewässern“ Freunde blieben (alle Begriffe in Anführungszeichen wurden so in der Gruppe verwendet).

Die #ichtalkhier-Sparte diente der Organisation und Durchfüh­rung thematisch fokussierter Diskussionen, die für die Arbeit der Gruppe von Relevanz waren. Für die Organisation der Talks gab es Terminankündigungen, Aufrufe zum Einreichen von Diskussions­the­men und Umfragen zur Abstimmung über die eingegangenen The­menvorschläge. War das Thema auf diese Weise bestimmt, folg­ten die eigentlichen Talks zum festgesetzten Termin. Diese Talks waren Diskussionen, die rund zwei abendliche Stunden lang schrift­lich in Form von Kommentaren unter den eröffneten Talk-Postings geführt wurden. Diskutiert wurden z. B. Themen wie Anrede (Du oder Sie), Blockieren, klare Ansage oder Beleidigung, Agitationen, Vernetzung und Freude bei #ichbinhier.

Bei der Sparte Bootcamp (eigentlich Bootcamp für digitale Zivil­courage) handelte es sich ausschließlich um Ankündigungen und Aufrufe zur Anmeldung. Die eigentlichen Bootcamps boten dann ei­nen geschützten Raum zum Üben von Gegenredestrategien in Hass­redesimulationen. Obwohl es diese Sparte erst seit Frühjahr 2020 gab, erhielt der Verein ichbinhier dafür bereits am 14. September 2020 den Preis „Digitaler Vereinsmeier“, der für herausragendes En­gagement für Digitalisierung, digitales Engagement oder Engage­ment mit Hilfe digitaler Tools vergeben wird (Verein ichbinhier, o. D.).

In der #olentäällä-Gruppe gehörten zu anderen Postings am häu­figsten verschiedene Informationen und Moderationshinweise, z. B. Ergänzungen zur Faktenbank (Linksammlungen mit Fakten über Flüchtlinge, Asylant*innen und Immigrant*innen in Finnland, über Diskriminierung, Klimawandel usw.), Hinweise zum Erkennen von und Warnungen vor Falschmeldungen, Tipps zur Bearbeitung von eigenen Beiträgen auf Facebook (kürzen von Links, Hervorhebun­gen durch Fett- und Kursivdruck usw.), Lesetipps und Hinweise auf aktuelle Gedenk- und Aktionstage oder -wochen. Erst Anfang Juni gab es Moderationshinweise, in denen die Mitglieder dazu aufgefor­dert wurden, keine inhaltlichen Diskussionen in den Kommentar­spalten unter Gruppenaktionen zu führen. Ein paar Tage später wur­de in weiteren Moderationshinweisen ergänzt, dass Kommentare, die sich nicht auf die Arbeit der Gruppe beziehen, gelöscht werden können.

Mitgliederdiskussionen enthielten beispielsweise Fragen und Vorschläge (zum Beispiel zur Benutzung des Hashtags oder zur Zu­sammenarbeit mit der „Heringsbewegung“, einer anderen finnischen Gegenredegruppe, in der es mehr Diskussionen als Aktionen gibt), Dank (z. B. von Mitgliedern der „Heringsgruppe“ für die Unterstüt­zung deren Gegenredekampagnen), Informationen, Warnungen (vor Fake-News-Medien) und Aufrufe (an Unterschriftenaktionen teilzu­nehmen). Gezielte Diskussionen zu bestimmten Themen wie in der deutschen Gruppe (#ichtalkhier) gab es hier nicht.

Geburtstagsglückwünsche erhielt #olentäällä-Gruppe am 19. Februar 2020, als sie ihren dritten Geburtstag feierte, von Mitglie­dern des internationalen Netzwerks, u. a. auch von seiner Gründerin Mina Dennert aus Schweden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es in der #ichbinhier-Gruppe konventionalisierte Spielregeln für Aktionen, Mitgliederaktionen und andere Postings gibt, während sich einige Konventionen dafür in der #olentäällä-Gruppe erst zu entwickeln scheinen.

5 Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Gegenredeinitiativen der Gruppen des Netzwerks #iamhere in­ternational wurden gegründet, um den Diskurs in den sozialen Me­dien und besonders auf Facebook auf respektvolle, empathische und sachliche Weise zu beeinflussen (iamhere international o. D.) und den stillen Mitleser*innen anstelle eines unsachlichen, aufge­heizten und recht aggressiven Stimmungsbildes ausgewogene Mei­nungen zu vermitteln (Laubenstein/Urban 20: 59). In vorliegender kontrastiver Studie wurde das quantitative Erscheinungsbild von Gegenredekampagnen der deutschen und finnischen Gruppen des Netzwerks untersucht. Eine kontrastive Studie der qualitativen Eigenschaften von Gegenrede beider Gruppen, wie Sachlichkeit, Respekt und Empathie, und eine Analyse der Triggerdiskurse für Gegenrede, wie Rassismus, Migration oder Klimawandel, ist Gegen­stand einer Folgestudie.

In dieser Studie vorausgehenden teilnehmenden Beobachtungen der deutschen und finnischen Gruppen des Netzwerks fiel auf, dass sich die Intensität und Kontinuität ihrer Aktivitäten und somit auch ihre Sichtbarkeit stark unterschieden. Die Aktivitäten beider Grup­pen wurden daraufhin über einen Zeitraum von drei bzw. acht Mo­naten systematisch dokumentiert und analysiert: die der deutschen Gruppe von Juni bis August 2020 und die der finnischen von Januar bis August 2020.

Organisierte Gegenrede war in der deutschen Gruppe aktiver als in der finnischen, wie in der Analyse der Intensität und Kontinuität der Aktivitäten gezeigt werden konnte (Kap. 4.1). Diese Unter­schiede resultierten im Wesentlichen aus dem Vorhandensein oder Fehlen einer strategischen Organisation der Gruppenaktivitäten. In der #ichbinhier-Gruppe gab es konventionalisierte Regeln für Ak­tionen, Mitgliederaktionen und andere Postings, während sich in der finnischen #olentäällä-Gruppe einige Konventionen erst langsam zu entwickeln schienen (Kap. 4.2). In der deutschen Gruppe waren 12 Teams verantwortlich für die Organisation aller Aktivitäten, in der finnischen Gruppe gab es keine solche für spezifische Aktivitäten ver­antwortlichen Teams. Der schon 2017 gegründete Verein ichbinhier unterstützte die Gruppe durch Weiterbildung und Bera­tung der Moderator*innen und trug durch professionelle Öffentlich­keitsarbeit und Bildungsangebote (zu digitaler Zivilcourage) zur Sichtbarkeit der Gruppe bei. Eine weitere Ursache für die Unter­schiede mag zwar auch in der unterschiedlichen Mitgliederzahl der Gruppen begründet sein, allerdings unterschied sich die Zahl der Administrator*innen und Moderator*innen (rund 20 in der deut­schen und rund 15 in der finnischen Gruppe), die für die Organisation der Gruppenaktivitäten verantwortlich zeichnen, nicht wesentlich.

Klare Spielregeln für die Kommunikation innerhalb und außer­halb von Gruppen mit tausenden von Mitgliedern (wie die des Netz­werks #iamhere international) geben offensichtlich wertvolle Hin­weise für die Beteiligung an Gegenredekampagnen und erleichtern die Administration der Gruppen und die Moderation der Aktivitä­ten, während fehlende oder inkonsequente Regeln die Orientierung erschweren und sich negativ auf die Intensität und Kontinuität der Gruppenaktivitäten auswirken können.

Soziale Medien spielen als fünfte Gewalt eine große Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung. Um den gesellschaftlichen Diskurs nachhaltig positiv beeinflussen, Menschenrechte, Demokratie und Meinungsfreiheit verteidigen und einer Spaltung der Gesellschaft ent­gegenwirken zu können, müssen Gegenredekampagnen neben qualitativen Merkmalen wie Sachlichkeit, Respekt und Empathie vor allem auch quantitativ sichtbar sein, um besonders stillen Mitle­ser*innen zu zeigen, dass Hass und Hetze nicht unwidersprochen blei­ben. Dass Gegenrede eine positive Wirkung auf das Diskussions­klima in den Kommentarspalten hat, besonders wenn auch die Me­dienkonzerne ihrer Moderationspflicht nachkommen, wurde in den Diskussionen der finnischen Gruppe angesprochen (vgl. Kap. 4.2.1). In der Studie von Ziegele et al. konnte gezeigt werden, dass die über­wiegend respektvollen und diskursiven Kommentare der Aktions­gruppe #ichbinhier […] dazu beitragen [können], dass stille Le­ser*
innen ein besseres Gesamt-Diskussionsklima wahrnehmen
(Ziegele et al. 2019: 7).

Abschließend muss hervorgehoben werden, dass sich digitale Formate rapide ändern und einige der Konventionen, die 2020 fest­gestellt wurden, haben sich inzwischen geändert, teils wegen tech­nischer Entwicklungen der Facebook-Plattform, teils aufgrund von Gruppendynamiken. Während die Aktivitäten und die Mitglieder­zahlen der deutschen Gruppe im Laufe des letzten Jahres sanken und ihre Aktivitäten ab dem 10. Mai 2022 sogar pausierten, um neue Konzepte zu entwickeln, stiegen sie in der finnischen Gruppe. Die Ursachen für solche Entwicklungen könnten Gegenstand zukünfti­ger Untersuchungen sein. Wie oben gezeigt, kann Gegenrede aus sprach- und diskurskritischer Perspektive betrachtet werden (s. Kap. 2). Meine teilnehmenden Beobachtungen zu internen Dynami­ken der deutschen Gruppe legen den vorläufigen Schluss nahe, dass die Organisation der Aktivitäten von einer Definition des Verhält­nisses von Form (Sprache) und Inhalt (Diskurs) von Gegenrede pro­fitieren könnte. D. h., neben sprachkritischen Aspekten (Kommen­tieren auf respektvolle, offene, empathische, höfliche und sachliche Art) müssen in zivilgesellschaftlich organisierter Gegenrede gerade auch diskurskritische Aspekte betont werden, die – bei aller Diffe­renziertheit – grundlegende Werte und Einstellungen voraussetzen (gegen Desinformation, Intoleranz, Rassismus und jegliche Formen von Diskriminierung) und entsprechende Grenzen für Sagbares set­zen.

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[1]     Die Ergebnisse dieser Studie wurden verkürzt auch im AFinLA-Jahrbuch, dem Publikationsforum der finnischen Gesellschaft für Angewandte Linguistik, in englischer Sprache vorgestellt (s. Ylönen 2022).

[2]    Ausführlicher zur Normalisierung nationalistischer, fremdenfeindlicher, rassis­tischer und antisemitischer Rhetorik, die in erster Linie mit „Angst“ arbeitet, in Wodak (2016).

[3]    https://xperohs.sdu.dk/de/forside-de/

[4]    Absacker war eine Kategorie anderer Postings (also keine Aktionen, s. u. Kap. 4.1), die dazu diente, sich am Ende eines aktionsreichen Tages über ein bestim­mtes, angenehmes Thema auszutauschen, und die Gemüter zu beruhigen (s. u. Kap. 4.2.3). Diese Kategorie wurde auch dazu genutzt, die Organisation und Arbeitsweise der Gruppe vorzustellen und die entsprechenden Absacker wur­den als Vorstellungsabsacker bezeichnet.

[5]    https://www.ichbinhier.eu/ichbinhier-e-v

[6]    https://www.facebook.com/groups/ichbinhierinfoseite/posts/121588458430380/

[7]    Vielen Dank, Tarita Memonen, für die Bestätigung dieser Befunde und den Hin­weis auf die Publikation von Tommila (2017).

[8]    http://www.martinstobbe.de/filtercheck/index.php

[9]    XY steht hier für den Namen der/des Angesprochenen.